Digital Natives – Die Revolution der Web-Eingeborenen

Zur Frage „Digital Natives oder unbeholfene NutzerInnen“ habe ich folgenden sehr interessanten Artikel im Netz gefunden (ich zitiere Teil 1 und Teil 2):

Digital Natives – Die Revolution der Web-Eingeborenen

Von Andreas Neef, Willi Schroll und Björn Theis

Generation Internet

Der von dem amerikanischen E-Learning Experten Professor Marc Prensky bereits um 2001 geprägte Begriff Digital Natives bezeichnet eine Generation, die den vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten des World Wide Web groß geworden ist. Quasi als zweite Muttersprache erlernten sie die Semantik der Browsereingaben, das Verwalten und den Umgang mit zahlreichen Daten und Formaten sowie das Recherchieren im größten Informationspool aller Zeiten.

Ihnen gegenüber stehen die Jahrgänge, die vor dem Siegeszug des Computers geboren sind: die Digital Immigrants. Aufgefallen war Prensky die Kluft zwischen „digitalen Ureinwohnern“ und „digitalen Immigranten“ an Universitäten und Schulen: Wo es um Internet- und Computernutzung ging, kam es zu einer Umkehr des Wissenstransfers. Die Lernenden erklärten den Lehrenden die Möglichkeiten der digitalen Werkzeuge.

 

Neuerdings meldet sich der Urheber des Begriffspaares Natives und Immigrants zurück und äußert Zweifel am eigenen Konzept: Angesichts der digitalen Durchdringung des Alltags verliere die Unterscheidung langsam an Wert. Dem kann man gleichzeitig zustimmen und widersprechen: Die Grenzlinie zwischen den vor und nach 1980 Geborenen ist problematisch und verschwimmt umso stärker, da auch Merkel und Obama die digitalen Kommunikationskanäle seit Langem für sich entdeckt haben.

 

Dennoch vollzieht sich seit zwei Dekaden eine globale Revolution – auf der einen Seite eine technische, auf der anderen eine gesellschaftliche: Menschen, die mit den digitalen Möglichkeiten aufgewachsen sind, lernen, arbeiten, schreiben und interagieren anders als noch die Generationen zuvor. Sie treffen und verlieben sich sogar online – im Netz kommunizieren sie mit Menschen, denen sie real vielleicht nie begegnen würden. Gegenüber den Generationen vor ihnen unterscheiden sich die digitalen Revolutionäre durch die vier folgenden Eigenheiten:

 

1. Die Digital Natives sind Netzbewohner

Marc Prensky betont die kulturelle Perspektive: Während die Immigranten zwischen virtuell und real deutlich unterscheiden, trennen die Digital Natives off- und online nicht voneinander. Was andere als virtuell bezeichnen, ist für sie gelebte Realität. Sie verstehen das digitale Reich nicht nur als neues Kommunikationsmittel, sondern als sozialen Kulturraum, den sie durch Inhalte, soziale Netze und stetige Partizipation aufbauen, erobern und erhalten. Das Internet ist für sie das Leitmedium eines neuen und offenen Kulturwandels, der eigene Definitionen von Identität, Freundschaft und Privatheit entwickelt. So fühlen sich viele Digital Natives durch ihre Avatare in Second Life oder World of Warcraft zutreffender repräsentiert als durch ihre reale Person.

2. Die Digital Natives sind Freigeister

 

Interaktion ist geteiltes und geschätztes Gut der Netzgeneration: Die digitale Welt ist eine Mitmachkultur. Durch zahlreiche Kreativtools kreieren sie Angebote und Kooperationsmöglichkeiten. Gratis verfügbare Blogs, Tauschbörsen für Fotos, Grafiken und Musik bereiten den herkömmlichen Dienstleistern Konkurrenz. Oft steht dabei gar nicht der Profit, sondern die Bereicherung des digitalen Gemeinwesens im Vordergrund. Das Web lässt die Digital Natives zu digitalen Produzenten werden, deren selbst generierte Inhalte und Open-Source-Mentalität zunehmend die kostenpflichtigen Angebote ersetzt.

 

3. Die Digital Natives leben gleichzeitig

Für digitale Immigranten sieht das Arbeitsverhalten der „Eingeborenen“ unkonzentriert aus. Dagegen ist die geteilte Aufmerksamkeit aus deren Sicht eine Art, die Dinge effizienter abzuarbeiten. Nicht zuletzt die frühe Beschäftigung mit Videospielen scheint eine andere Erwartungshaltung an Medien mit sich zu bringen – das Sich-Einlassen auf langatmige Geschichten, sei es im Film oder im Roman, erscheint vielen der Digital Natives anstrengend. Die zunehmende Multitasking-Fähigkeit der Digital Natives hat Einfluss auf das Nutzerverhalten – und das wiederum wirkt sich radikal auf die Geschäftsmodelle vieler Unternehmen aus. „Die Rolle und Funktionen der Marktteilnehmer ändern sich in der Netz-Economy dramatisch“, sagt Internetguru Ossi Urchs.

4. Die Digital Natives sind medial

Vor dem Siegeszug von Web 2.0 und den digitalen Informationsmedien verließ die eigene Meinung selten den Tresen der Eckkneipen. Heute hingegen ist es ein Leichtes, eigene Thesen in einem Blog zur Verfügung zu stellen. Die private Meinung wird öffentlich. Daraus ergibt sich ein deutlicher Unterschied in der Kommunikationskompetenz der Netzgeneration. Die Kreativtools des Netzes geben den Nutzern die Mittel an die Hand, aktiv am Weltgeschehen zu partizipieren und Einfluss zu nehmen. So sind die Digital Natives durchaus bereit, für ihre Rechte, Werte und Normen Politik zu betreiben.

Die Gründung der Piratenpartei verdeutlicht das: Die Gruppe hat sich die Aufgabe gestellt, Urheberrechte an immateriellen Gütern wie Film und Musik zu reformieren. Zwar steht aus Imagegründen derzeit der Name der Partei zur Debatte, dennoch ändert das nichts an der Mission der Mitglieder -es gibt eben keine Revolution ohne Reibungsfläche.

Einerseits gefährdet der Austausch von urheberrechtlich geschützten Medien die traditionellen Geschäftsmodelle, andererseits führen die Experimente zu neuen Urheberrechtsmodellen, die es Kreativen und Verlagen auch in Zukunft erlauben, Geld zu verdienen, während sie gleichzeitig von der Energie und Kaufkraft der Amateurszene profitieren.

 

Beitrag verfasst von Philippa Thanner

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert